AllgemeinFahrtensegler-Geschichten und Interviews

Blauwassersegeln: Die Seenomaden im Interview

Die Weltmeere sind seit Jahrzehnten Wahlheimat der Seenomaden Doris Renoldner und Wolfgang Slanec. Wir freuen uns sie zu unseren Segelfreunden zählen zu dürfen und sie Euch hier auf unserem Blog näher vorzustellen. Ihre Reiseberichte in Buch- und Vortragsform können wir allen Fernwehgeplagten wärmstens empfehlen!

Wolfgang Slanec, Jahrgang 1955, und Doris Renoldner, Jahrgang 1967, leben seit 1989 zusammen und sind seit 1998 verheiratet. In den letzten drei Jahrzehnten haben sie zweimal die Welt umsegelt und auf ihrer 3. großen Reise die legendäre Nordwestpassage gemeistert.

1. Weltumsegelung: 1989 bis 1997; mit einem kleinen, nur 9,50m langen Stahlschiff namens “Susi Q” – Passatroute durch Panamakanal und Suezkanal

2. Weltumsegelung: 2002 – 2009; mit der 13 Meter langen “Nomad”, Sonate Ovni 41, mit der die beiden bis heute unterwegs sind; Route: um Kap Hoorn und Kap der Guten Hoffnung

3. große Reise: 2012 in der Adria gestartet, 2015 Ankunft in Grönland, 2016/2017 durch die Nordwestpassage, derzeit steht die “Nomad” in Vancouver Island, Kanada, und wartet auf die Weiterreise.

Vorstellung der Segelyacht “Nomad”

Allgemeine Schiffsdaten

Werft/Hersteller/Modellbezeichnung: Alubat, Sonate OVNI 41
Material: Aluminium
Kielform: kein Kiel, sondern Integralschwert
Baujahr: 1988

Länge: 12,80 m
Breite: 4,20 m
Tiefgang: 1 m – 2,50 m
Gewicht: 10 to

Anzahl an Kojen: 6
Anzahl an Nasszellen: 1

Durchschnittliche Reisegeschwindigkeit:  5 bis 6 kn

Schiffswert: Wir wissen nicht, um wie viel eine 30 Jahre alte Ovni gehandelt wird – ist für uns auch nicht relevant, da wir das Schiff nicht verkaufen wollen.

Heutzutage kennen die Leute von allem den Preis und von nichts den Wert. [Oscar Wilde]

Motor-Antriebskonzept

Motor Herstellerbezeichnung/Leistung: Yanmar 4JH5; 54 PS
Welle oder Saildrive: Welle
Propeller: Festpropeller und Variprop

Takelung und Segelgarnitur
Seenomaden Nomad

Takelung: Slup
Segelgarnitur: Wieviel % an den Gesamtstunden unter Segeln habt ihr welches Segel in Einsatz?

Lattengroß: 32 m² (99%)
Genua: 55 m² (85%)
Kutterstagsegel: 17 m² (10%)
Gennaker: 120 m² (5%)

Ankergeschirr

Hauptanker: Bügelanker, 25 kg; Verzinkte 10 mm Kette, 75 m lang

Zweitanker: Britanny Anker, 20 kg; wie oft wir ihn verwenden – schwer zu sagen, z.B.: wenn wir das Boot längere Zeit alleine vor Anker lassen oder wenn der Wind so arg heult, dass wir uns mit einem 2. Anker wohler fühlen.

Drittanker: Fortress-Aluminium-Plattenanker, 7 kg

Steuern und Navigieren

Pinne oder Steuerrad bzw. zwei Steuerräder: Steuerrad

Wieviel % der Fahrtzeit im Jahr verwendet ihr welches System zum Steuern?
Autopilot: 95%
Handsteuerung:
5%
Windfahnensteuerung: 0%

Mit welchen Informationen und Hilfsmitteln navigiert ihr?
Kartenplotter von Raymarine mit Navionics Chip Karten
Laptop mit OpenCPN und Magellan Explorer Hand-GPS Gerät als Backup

Wir haben immer Papierseekarten und elektronische Seekarten mit an Bord – Technik kann ausfallen, deshalb haben wir immer noch Papierseekarten mit an Bord!

Radar: Raymarine
Fernglas: Steiner Commander mit Kompass*

Kommunikation

Wie kommuniziert ihr an Bord mit der Außenwelt?
Funkgerät(e) Typ: UKW und Hand-UKW, beide von West Marine
Satellitentelefon: Iridium
Mobiles Internet: E-Mails über Iridium-Handy
AIS (aktiv/passiv): passiv
Mobiltelefon: ja

Energiemanagement

Welche Systeme zur Energiegewinnung und Speicherung verwendet Ihr?
Batteriekappazität: 2 AGM Batterien je 180 Ah fürs allgemeine Bordnetz; 1 Starterbatterie mit 100 Ah

Solarpaneele: 3 Stück je 75 Wp aufs Deck geklebt, Solara-Module
Windgenerator: Air Breeze Marine, bis 400 W
Hydrogenerator: keinen
Generator: kleiner tragbarer Honda Generator, 1 kW

Tankinhalte

Wie groß sind eure Tanks und wie zufrieden seid ihr mit den Lösungen?
Diesel: 1 Dieseltank mit 180 l; kein zusätzlicher Tagestank
Hattet ihr schon mal Probleme mit Dieselpest? Nein, zum Glück nicht, aber wir verwenden auch vorbeugende Zusatzmittel.

Süßwassertank: 2 Wassertanks mit insgesamt 250 l
Wie haltet ihr Eure Tanks sauber? Wir spülen sie einmal im Jahr mit Chlor.
Watermaker: nein
Trinkwasser: aus Flaschen

Fäkalientank: nein

Persönliche Fragen an die Seenomaden Doris Renoldner und Wolfgang Slanec

Kosten Eurer Reisen – wieviel braucht ihr im Durchschnitt jährlich für…
Blauwassersegeln Wolfgang Slanec beim Fischen

Schiffshaltungskosten
Hier sind alle Kosten fürs Boot beinhaltet (Reparatur- und Wartungskosten, Versicherungsprämien, Hafen- und Liegegebühren, Kranen, Schiffszubehör inkl. Reinigungsmittel aber ohne Bootsanschaffungskosten und Bootsabschreibungskosten)

Ca. 5.000 EUR, könnten aber den Wert nicht genauer aufschlüsseln. Wir sind keine Buchhalter und führen keine Statistik dazu. Wenn wir Geld haben, geben wir es aus, wenn wir keines haben, kommen wir mit dem aus, was da ist, übrig ist noch nie etwas geblieben.

Lebenshaltungskosten
Wie hoch sind Eure Kosten im Durchschnitt zu zweit für…
Hier sind alle Kosten für den Lebensunterhalt von Euch beiden beinhaltet (Essen und Trinken an Bord und in Lokalen, Landausflüge, Mietautos, Heimflüge, persönliche Versicherungen, Treibstoffe für Schiff, Außenborder oder Mietauto, diverse Anschaffungen wie Kleidung, Elektronische Gadgets, Bücher usw., Einklarierungskosten, Telefon- und Internetgebühren, Wasch- und Putzmittel ohne ggf. Wohnraum- und Kfz-Kosten in der Heimat).

Ca. 10.000 bis 15.000 EUR, hängt wie schon oben beschrieben ab, wie viel Geld wir momentan zur Verfügung haben.

Welche Foto- und Filmausrüstung verwendet Ihr zum Einfangen Eurer Erlebnisse?

Ihr macht ja immer sehr schöne Stimmungsbilder während Eurer Reisen, die man dann vorrangig in Euren Vorträgen und Büchern bewundern kann. Welche Kameras und Objektive verwendet Ihr da?

Kamera: Canon EOS 5D Mak III*
Objektive: Normalobjektiv (24-70), Weitwinkel (16-35), Tele (80-200), alles Canon Originalobjektive L-Serie

Actionkamera: GoPro HERO6 (Nachfolgemodell GoPro HERO7*)

Vorträge der Seenomaden
Seenomaden Nordwestpassage

Ab 8. Jänner touren die Seenomaden wieder mit ihrem neuen Vortrag NORDWESTPASSAGE durch Österreich, Deutschland und die Schweiz. Hier geht es zu den aktuellen Terminen.

Bücher der Seenomaden
Unter Segeln durch die Nordwestpassage

Hart wie das Eis: UNTER SEGELN durch die Nordwestpassage* von Doris Renoldner und Wolfgang Slanec im Delius Klasing Verlag.

7.000 harte Seemeilen von Grönland nach Alaska. Ein wahres Segelabenteuer durch das Eismeer. Zwei Sommer lang segelten die “Seenomaden” Doris Renoldner und Wolfgang Slanec zu den Rändern der Welt und durch den am dünnsten besiedelten Teil unserer Erde. Vorbei an Eisbergen, Gletschern, Fjorden; vorbei an unbestiegenen Bergen, historisch bedeutsamen Orten und abgelegenen Inuit-Dörfern. Die beiden erfahrenen Weltumsegler meistern den schwierigen Seeweg vom Atlantik in den Pazifik. Eine Reise an die eigenen Grenzen und tief in die arktische Seele.

Zwei weitere lesenswerte Segelabenteuerbücher der Seenomaden, die wir Euch sehr empfehlen können.

 


So wild wie das Meer: UNTER SEGELN von der Adria in die Arktis
* von Doris Renoldner und Wolfgang Slanec im Delius Klasing Verlag.

Nach zwei Weltumsegelungen starten die beiden Abenteurer voller Tatendrang 2012 den nächsten großen Törn. Sie segeln von der nördlichen Adria quer durch das Mittelmeer und über den Atlantik in die Karibik und schließlich via USA und Kanada nach Grönland. Fazit: 3 Jahre, 25.000 Seemeilen und 50 Grad Unterschied – sowohl in Temperatur als auch in den Breitengraden. Welche Herausforderungen es auf der Reise unter Segeln zu bewältigen gab, beschreiben die beiden in ihrem Buch.

 

 

Unter Segeln zu den entlegensten Winkeln der Welt
Frei wie der Wind: UNTER SEGELN zu den entlegensten Winkeln der Welt* von Doris Renoldner und Wolfgang Slanec im Delius Klasing Verlag.

Doris und Wolfgang lassen in „Frei wie der Wind“ noch einmal Revue passieren, wie sie sieben Jahre lang auf Weltreisen waren. Sie erreichten unter Segeln die entlegensten Inseln der Welt. Von Slowenien in der Nordadria nach Slowenien. Die beiden sind dabei nicht der klassischen Barfußroute gefolgt, sondern ihrer ganz persönlichen Neugier auf Länder und Menschen, von denen kaum einer weiß, dass es sie überhaupt gibt. Sieben Jahre Reisezeit vergehen beim Lesen wie im Flug.

 

Das Auseinandersetzen mit sich selbst, etwas das wir im Alltag zu Hause verlernt haben bzw. wofür wir nie Zeit finden, wozu wir aber beim Langfahrtsegeln nahezu gezwungen sind – wie geht Ihr damit um?

An Bord reduziert sich das Leben schlagartig auf das Wesentliche. Man findet seinen eigenen Rhythmus, man drosselt das Tempo, man geht eine Sache nach der anderen an, dafür mit allen Sinnen. Und man lässt sich leiten vom Instinkt. Die ewige Jagd nach dem besseren Morgen gibt man schnell auf. Alles gehört dazu. Gute wie schlechte Tage. Fröhlichkeit und Melancholie. Sturm und Flaute. Regen und Sonne. Fülle und Leere.

Langfahrten vor allem in entlegenen Regionen und bei extremen Wetterbedingungen sind anstrengend und entbehrungsreich. Was macht für Euch trotz allem den Reiz aus?
Seenomaden Doris Renoldner bei extremen Wetterbedingungen

Unsere Neugier ist ungebremst. Wir steuern liebend gerne neue Küsten, neue Ufer an, dass es manchmal unbequem wird, nehmen wir dabei in Kauf, denn der Lohn dafür ist stets überwältigend. Unser Wunsch, entlegene Regionen zu besuchen ist derart groß, dass wir dafür auch gerne unseren Komfortbereich verlassen. Fernweh und Reisen gehören zu unserem Leben wie jeder neue Atemzug.

Ein reduziertes, minimalistisches Leben mit maximaler Freiheit – ein Konzept der Zukunft für unsere wohlstandsverwöhnte Gesellschaft oder weiterhin nur ein paar wenigen, letzten Abenteurern vorbehalten? Was denkt Ihr dazu?
Seenomaden minimalistisch Leben

Jeder kann entscheiden, wie er leben möchte, wir haben Gott sei Dank die Wahl. Das Sicherheitsnetz unserer Gesellschaft ist oft irreführend, trügerisch. Wichtig ist, Vertrauen in sich selbst zu haben. Und natürlich geht das nur über den Verzicht. Man muss immer etwas aufgeben, um selbstbestimmt und frei zu leben.

Wie schauen Eure Reisepläne für die nächsten Jahre aus?

Wir haben keine großen Pläne, keine festen Routen – nur eine vage Idee. Das ist uns wichtig, sonst schränkt man sich zu sehr ein.
“Nomad” wartet ja in Vancouver Island auf uns, der gesamte Pazifik liegt somit vor unserem Bug. Im größten unserer Ozeane wollen wir uns treiben lassen, ob Richtung Neuseeland oder rauf nach Japan… wohin der Wind uns weht…

Welche Tipps habt ihr für unsere LeserInnen, die auch davon träumen, einmal auf Langfahrt zu gehen?

Losfahren, aufbrechen, es einfach tun, nicht zu lange warten. Der beste Zeitpunkt ist jetzt!

Weiterführende Links zu den Seenomaden

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Bildrechte

Alle Bilder im Blogbeitrag: © Seenomaden Doris & Wolfi

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Markus Silbergasser

Markus Silbergasser

Ich bin leidenschaftlicher Fahrtensegler, Blogger, freiberuflicher Yachtredakteur und Reisefotograf mit über 43.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser. Segle als Ausgleich und Quelle der Inspiration.
Details zu meiner maritimen Ausbildung und Reviererfahrung findet Ihr hier...

2 Comments

  1. Antonia
    9. Juli 2020 at 15:07 — Antworten

    Wow, was für ein tolles Leben als Seenomaden. Wir haben uns letztes Jahr auch ein kleines Boot zugelegt. Wir nutzen auf unserem Boot neuerdings auch gerne ein Notebook. Wir lassen bei einem Bootsservice in Tulln eine Halterung dafür einbauen. Um ein Haar wäre der Rechner kürzlich kaputtgegangen, da er auf dem Wasser nicht gesichert war und es stürmischer wurde als geplant. Nächste Woche stechen wir dann hoffentlich wieder in See. Der Urlaub ist aber nur 5 Tage.

  2. 18. September 2019 at 20:26 — Antworten

    Beneidenswert, wie Ihr die Welt durchstreift. Die Nordwestpassage ist sicherlich nichts für Frösteköttel und Feiglinge!
    Euer Jahresbudget für den Boots-Unterhalt und Lebenshaltungskosten kommt mir relativ bzw. erfreulich gering vor. Ich hatte in 2017 mal die Ausgaben für unser Boot ausgewertet (27 Fuß) und kam auf über 4.000 Euro.

    Handbreit und viel Erfolg!

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