AllgemeinSkipper-Haftungsfragen

Coronavirus disease (COVID-19): Was heißt das für uns Segler?

Wir haben jetzt die größte Herausforderung seit dem Ende des zweiten Weltkriegs zu meistern, sagte Bundeskanzler Kurz in den letzten Tagen. Und so sehe ich das auch. Noch vor einer Woche auf der BOOT TULLN waren alle meine Segelfreunde und auch ich selbst sehr zuversichtlich, dass wir auch heuer alle wieder eine geniale Segelsaison vor uns haben werden.

Laut heutigem Kenntnisstand wird aber die inzwischen weltweit ausgebrochene Coronavirus-Pandemie für die nächsten Monate das Weltgeschehen bestimmen, und wir werden alle leider nicht wie geplant auf Törn gehen können. Ich habe meine für Anfang April terminisierten Werftarbeiten in der Zwischenzeit schon auf “hold” gesetzt und auch schon das folgende Feedback von der spanischen Werft retour bekommen.

“Hi Markus no problem, the boat yard is in principal closed, the marina is closed from entry and exit of vessels, the borders are closed and 90% of the population are confined to their homes with the quarantine law and the streets are being patrolled by the police and in some parts military.

So I understand you will be delayed. Kind Regards Chris”

Wie unsere eigene Segelsaison heuer verlaufen wird, steht noch vollkommen in den Sternen. Im Moment ist eine seriöse Prognose leider unmöglich. Wir alle können derzeit nur so vernünftig wie möglich agieren und den Vorgaben der Bundesregierung Folge leisten. D.h. die Ausgangsbeschränkungen wirklich sehr ernst nehmen und nur absolut notwendige Wege außerhalb des Wohnbereichs durchführen.

  • Berufsarbeit, die nicht aufschiebbar ist
  • notwendige Lebensmittel oder Medikamente besorgen
  • hilfsbedürftigen Menschen im Umfeld helfen
  • Spaziergänge nur einzeln oder mit Personen, mit denen man zusammenwohnt

Nur so können wir die rasante Ausbreitung von COVID-19 eindämmen und die gefährdeten Menschengruppen vor einem lebensbedrohlichen Krankheitsverlauf schützen. Monika und ich wollen das jetzt auch so gut wie möglich vorleben und haben ALLE unsere sozialen Kontakte für unbestimmte Zeit eingestellt. Auch den Besuch von Restaurants oder Bars haben wir schon vor der behördlichen Beschränkungen auf null reduziert. Wir arbeiten von zuhause aus und kochen uns selbst gesunde abwechslungsreiche Mahlzeiten, um unser Immunsystem zu stärken und dadurch hoffentlich das Gesundheitssystem nicht zusätzlich belasten zu müssen.

Vermutlich haben viele von Euch auch bereits einen Chartertörn gebucht und folgende offene Fragen, die mir meine Kooperationspartner beantwortet haben…

Was gilt für die Charterrücktrittsversicherung bei Corona Erkrankungen – Quarantäne – Reisebeschränkungen?

Ein Statement von Andreas Lang von YACHT-POOL: Viele Charterkunden fragen sich in diesen Tagen, ob die Charterrücktrittsversicherung von YACHT-POOL leistet, wenn auf Grund von Corona das Segelrevier gesperrt ist, oder wenn Ihr selbst oder Eure Mitsegler unter Quarantäne gestellt werden oder gar erkrankt sind.

Anders als bei Pauschalreisen gibt es für einzelne Charterbuchungen keine gesetzliche Regelung. Bei Charterbuchungen ist zu unterscheiden, ob ein Versicherungsfall (in der Person des Versicherten begründet) vorliegt oder ob höhere Gewalt bzw. ein Eingriff von “hoher Hand” vorliegt (i.d.R. nicht versicherbar in der Rücktrittsversicherung).

Im Prinzip gibt es diese drei Fallkonstellationen:

  1. Skipper oder Mitreisende sind mit Corona infiziert und können deshalb die versicherte Reise nicht antreten.

✔ Dieser Fall ist selbstverständlich über die Charterrücktrittsversicherung von YACHT-POOL versichert. Die Versicherung kann unbegrenzt lange vor Reisebeginn abgeschlossen werden, solange Skipper und Crew gesund sind.

  1. Skipper selbst oder Mitreisende werden auf Grund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne gestellt und können daher die Reise nicht antreten.

❌ Dieser Fall ist über die Charterrücktrittsversicherung von YACHT-POOL nicht versichert, solange Skipper oder Crew-Mitglieder nicht selbst erkrankt sind. Skipper und Crew sollten sich mit dem Veranstalter, bei dem sie gebucht haben, in Verbindung setzen und klären, welche Möglichkeiten es gibt.

  1. Das Segelrevier oder die Charter-Destination ist auf Grund von Corona oder anderen Infektionsgefahren nicht erreichbar, oder es wird von einer Reise abgeraten.

❌ Dies ist kein Leistungsfall für die Charterrücktrittsversicherung. Skipper und Crew sollten sich mit dem Veranstalter, bei dem sie gebucht haben, in Verbindung setzen und klären, welche Möglichkeiten es gibt.

Die aktuelle Corona-Krise ist für alle Teilnehmer am Chartermarkt eine große Herausforderung, bei der Agenturen und Flottenbetreiber die Hauptlast zu tragen haben. Aber auch diese Phase wird vorübergehen und zu kräftigem Nachholbedarf führen. Und weil jede Krise immer auch eine Chance in sich birgt, sollten wir auch hier – wenn dies auch herausfordernd ist – die positiven Aspekte sehen.

So ist mittelfristig davon auszugehen, dass andere Branchen der Touristik noch signifikanter betroffen sein werden. Insbesondere Kreuzfahrten, Fernreisen in Resorts und alle anderen Arten von Massentourismus, wo man gezwungen ist mit größeren international gemischten Gruppen von unbekannten Menschen zusammenzuleben, werden einen schmerzhaften und längeren Einbruch erleiden.

Was gäbe es da für bessere Argumente um auf einer Yacht, zusammen mit wenigen Menschen, all dem zu entfliehen?
Wieder ein Beispiel, wie Individualität und Qualität auf Dauer Masse und Billigpreise schlagen. Deshalb wird es den traditionellen Agenturen in der aktuellen Situation helfen, sich noch deutlicher von den reinen Online-Agenturen abzugrenzen – denn deren Hauptargument, der Preis – oft ein Dumpingpreis – nutzt sich auf Dauer ab und zeigt keine Lösungen auf.

Wie schaut es mit einer möglichen Umbuchung oder Stornierung meiner bereits gebuchten Charteryacht aus?

Ein Statement von Peter Kollmann-Jehle von Master Yachting:
Liebe Master Yachting Kunden, als Ihre Yachtcharteragentur teilen wir natürlich die Sorge um die derzeitige Situation. Gleichzeitig sind wir jedoch optimistisch, dass bei gemeinsamer globaler Anstrengung und verantwortungsbewußtem Handeln die Situation für uns alle beherrschbar bleibt und bleiben wird.

Aufkommende Fragen haben alle ihre Berechtigung, egal ob zu bereits gebuchten oder zukünftigen Törns und Reisen. Wir stehen in intensivem Austausch mit unseren Partnern auf der ganzen Welt, um die beständig wachsenden Herausforderungen zu meistern, um mit sich stetig ändernden Lagen umzugehen und um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Auch wenn behördliche Anordnungen, Reisebeschränkungen und Ähnliches die Situation zunehmend erschweren, wir geben unser Bestes um Ihren Segelurlaub zum einmaligen Erlebnis zu machen. Und treffen hierbei glücklicherweise auf ähnlich bemühte Partner.

Was zukünftige oder auch zum Teil bestehende Buchungen angeht – auch wenn Urlaubsreisen derzeit nicht unbedingt im Fokus stehen – finden Sie auf unserer Website www.master-yachting.de die Früchte unseres Austauschs mit den Charterfirmen, nämlich der Lage angepasste Bedingungen. Halten Sie einfach Ausschau nach dem Symbol, am Ende der Yachtbeschreibung finden Sie die jeweiligen geänderten Buchungsbedingungen durch den Vercharterer.

Bevor Sie sich entscheiden, vorsorglich zu stornieren, fragen Sie uns. Wir können Ihnen bei den meisten offenen Fragen weiterhelfen und sind aktuell auf dem neuesten Stand der Möglichkeiten und geänderten Bedingungen. Aufgeschoben ist oft genug nicht aufgehoben. Und bei sich ständig ändernden Lagen kann manchmal auch ein ruhiges Abwarten als geeignetes Mittel erweisen. Egal wofür Sie sich entscheiden, wir unterstützen Sie wo wir nur können.

In der Hoffnung, dass sich die Situation in absehbarer Zeit wieder einer gewissen Normalität annähert, grüßt Sie herzlichst Ihre Master Yachting Crew.

Zum Schluss noch ein Tipp für positive Gedanken: Geht gedanklich für die nächsten Wochen auf Langfahrt!

Wer von Euch hat sich nicht schon öfters mit dem Gedanken gespielt, einmal auf Langfahrt zu gehen. Bestimmt für viele unsere LeserInnen ein geheimer Traum, nur mit seinen liebsten Familienangehörigen die Leinen zu lösen und einen Ozean zu überqueren.

Jetzt wo wir alle am Besten zu Hause bleiben und unsere sozialen Kontakte so gut wie möglich komplett bis auf die Kernfamilienmitglieder reduzieren müssen, um das Corona-Ansteckungsrisiko stark zu minimieren, kann man gut eine Langfahrt in seinen eigenen vier Wänden simulieren.

Eine Transatlantiküberquerung dauert mit einer durchschnittlichen Fahrtenyacht ca. drei Wochen und im Moment scheint es realistisch, dass wir nun leider alle so lange zu Hause bleiben müssen. Das Positive dabei – wir haben gegenüber einer wirklichen Seereise am Schiff viele Komforterleichterungen: Keine ruppige See, keine Krängung, müssen nicht ständig Ausguck halten und auch nicht rund um die Uhr ein Wachsystem aufrecht erhalten. Wir können/dürfen sogar noch zusätzlich fernsehen, im Internet surfen und telefonieren. Jede durchschnittliche Wohnung wird gegenüber einer durchschnittlichen Fahrtenyacht um vieles mehr an Wohnraum bieten. Zusätzlich dürfen wir uns auch noch ein wenig in der Natur aufhalten. Natürlich soll/darf man dabei keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen oder Risikosportarten ausüben, damit man dadurch keine zusätzlichen Kapazitäten der Ärzte/Krankenhäuser in Anspruch nehmen muss.

Bleibt gesund und viel Spaß bei Eurer virtuellen Langfahrt!

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Markus Silbergasser

Markus Silbergasser

Ich bin leidenschaftlicher Fahrtensegler, Blogger, freiberuflicher Yachtredakteur und Reisefotograf mit über 43.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser. Segle als Ausgleich und Quelle der Inspiration.
Details zu meiner maritimen Ausbildung und Reviererfahrung findet Ihr hier...

8 Comments

  1. Raimund (SY Gatto)
    4. April 2020 at 19:08 — Antworten

    Hallo Markus, danke für die treffsichere Zusammenfassung. Wir haben das grosse Glück, dass unsere SY Gatto in einer familiengeführten Marina in Kalabrien liegt, wo man täglich nach dem Schiff schaut, auch wenn die Marina für Ein- und Ausfahrten geschlossen ist. Die Krantermine und Werftarbeiter werden in der Sequenz behalten, so dass wir hier nur einen noch nicht absehbaren Versatz haben. Wir verbringen die Zeit mit Langtörnplanungen für 2021. Hatten ja mit Dir schon wegen rund Sizilien über Tunesien und Malta auf der Boot gesprochen. In der Tat seltsam, dass auch auf der Boot in Düsseldorf noch keiner an das jetzige Szenario gedacht hatte …

    • 4. April 2020 at 19:17 — Antworten

      Hallo Raimund, auch unserer SY NAMBAWAN geht es gut – hoffen, dass sich die Lage bald mal wieder beruhigt und wir wieder zu unseren Booten reisen dürfen…

      Ja, auf der boot Düsseldorf war das Virus überhaupt noch kein Thema – da waren einfach alle noch in völliger Vorfreude auf die kommende Saison.

      Bleibt gesund und bis bald
      Markus

  2. 17. März 2020 at 19:29 — Antworten

    Danke für Deine Zusammenfassung und Gedanken. Wir werden nach einer Zeit mit Einschränkungen und Verzicht, auch wieder mehr zu schätzen wissen….
    Ich freu mich bereits auf unseren nächsten gemeinsamen Törn ⛵️

    • 18. März 2020 at 09:29 — Antworten

      Gerne Andreas. Ja ich finde es fühlt sich an, wie wir uns eigentlich die Weihnachtszeit immer vorgenommen haben aber alle nie geschafft haben in Ruhe und Besinnlichkeit die Tage zu genießen…

  3. 17. März 2020 at 09:50 — Antworten

    […] Bericht von Markus Silbergasser über Coronavirus und Segler hat mich auf eine Idee gebracht. In ganz Europa sitzen Menschen zuhause in ihren eigenen 4 Wänden. […]

  4. 17. März 2020 at 09:24 — Antworten

    Sehr wertvoller Artikel! Besser kann ich es nicht sagen – verlinke den Artikel bei mir 😉

    • 18. März 2020 at 09:24 — Antworten

      Das freut mich Mathias, dass Dir der Artikel gefällt und Du ihn bei Dir sogar verlinkst! KOmme gut durch die für uns alle schwierige Zeit!

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