Segeln in GriechenlandSkipper-Haftungsfragen

EU was tust Du? Du sollst nicht € nach Athen tragen…

Eine kritische Analyse von Dr. Friedrich Schöchl von YACHT-POOL über die derzeitige Entwicklung am griechischen Chartermarkt.

Dr. Friedrich Schöchl
Du sollst nicht € nach Athen tragen, würde Aristophanes der griechische Dichter sagen, wenn er nicht schon vor 2400 Jahren gestorben wäre. Damals meinte er Eulen, das Wappentier auf der Drachme, bis ins 21.Jahrhundert. Die Eule war das Sinnbild für Klugheit und Weisheit. Und davon gab es damals offensichtlich von beidem genug. Aber inzwischen ist wohl nicht nur die Drachme, sondern offensichtlich auch die Weisheit und Klugheit verschwunden. Zumindest scheint dies in Brüssel der Fall zu sein, obwohl es in Bezug auf die neue Hilfsinitiative (unter dem Namen ESPA), die z. Z. dort zu Unterstützung der griechischen Charter-Branche ausgearbeitet wurde, manche der Meinung sind, dass auch die dort, wenn schon keine Eulen, zumindest aber einen Vogel haben.

Und zu dieser Meinung kamen so gut wie alle Brancheninsider, nachdem sie hörten, dass durch einen besonderen Fonds der Kauf von Segelyachten zum Zwecke der Vercharterung bis zu 5o% des Kaufpreises mit einem verlorenen Zuschuss subventioniert werden sollten. Die Haltepflicht dieser Yachten beträgt 5 Jahre. Nach diesem Zeitraum können sie verkauft werden. Aber natürlich gibt es auch “scharfe” Auflagen. Denn diese Yachten sind nur förderungswürdig, wenn sie mindestens 6 Seemeilen außerhalb der Küste verchartert werden.

Als YACHT-POOL beobachten wir den Chartermarkt seit mehr als 20 Jahren aus Eigeninteresse sehr genau. Denn seit dieser Zeit sichern wir die Anzahlungen der Charterer gegen den Verlust aus Zahlungsunfähigkeit und damit Leistungsunfähigkeit der Vercharterer ab. Um in den Genuss einer solchen Absicherung gegenüber den Charterern zu kommen, haben Vercharterer, die diese Garantie bieten wollen jährlich ihre Bilanz zur Überprüfung ihrer Bonität bei uns einzureichen. Als Ergebnis dieser permanenten Prüfung eines größen Teils des Marktes wagen wir zu sagen, dass ein guter Teil der griechischen Charterfirmen über entsprechende Bonitäten verfügt, für die wir mit unserem Label CHECKED & TRUSTED auch die selbst-schuldnerische Bürgschaft in Bezug auf die Kunden-Anzahlungen übernehmen. Und dies ganz im Gegenteil zu anderen Bereichen der EU, wo die Marktverhältnisse schwieriger sind.

Insgesamt sehen wir in unseren laufenden Beobachtungen des gesamten europäischen Chartermarktes, dass die griechischen Firmen im Ländervergleich (noch!) zu den am besten aufgestellten zählen.

Ein derartiger Markteingriff von außen ist allerdings trefflich geeignet gut ausbalancierte Marktverhältnisse aus dem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage zu bringen. Es ist uns deshalb auch bisher nicht gelungen bei unseren zahlreichen Partnern Stimmen zu finden, die diese von der Branche unerwünschte „Hilfsaktion” befürworteten. Vielmehr wird von vielen (zu Recht) eine desaströse Marktverwerfung befürchtet.

Und einen Turboeffekt bekommt die ganze Aktion noch dadurch, dass bei einem Eigenanteil Von 50% (fast) jede Bank auch bereit ist die restlichen 50% zu finanzieren. Zu Recht ist deshalb davon auszugehen, dass nicht nur “Charterunternehmer”, die in ihrer Vision die Entwicklung der Charterbranche aus der Vergangenheit einfach in die Zukunft projizieren, sondern eben auch Menschen, die mit der Vercharterung gar nichts am Hut haben, aber sich mit einem Schiff, das sie zum halben Preis und einer Finanzierung zu heutigen Zinskonditionen bekommen, allein schon aus dem Verkauf des Schiffes nach 5 Jahren sich einen guten Schnaps ausrechnen, oder zumindest selbst günstig zu einer Yacht gekommen zu sein.

Kenner des Marktes wissen dazu auch, dass bereits heute die Marinas einen entscheidenden Engpass der Erweiterung des Chartergeschäftes darstellen. Gefördert werden durch diese Aktion auf alle Fälle die Hersteller von Charter-Yachten.

Die sitzen aber nicht in Griechenland und sind im Übrigen, mitunter durch den Hurrikan in der Karibik, der vor zwei Jahren einen beachtlichen Teil von Charteryachten zerstört hat, mehr als ausgelastet.

Und im Übrigen ist mit einer Zunahme von Charteryachten, die von Kroatien nach Griechenland verlegt werden, oder dies zumindest beabsichtigen, zu rechnen. Denn in Kroatien gibt es bereits ein massives Überangebot an Charteryachten. Ein Ungleichgewicht, mit dem sich dort bereits eine bedenkliche Marktentwicklung abzeichnet.

Es gibt vielleicht nicht genug Euro in Athen, aber auf alle Fälle genug Yachten in Griechenland. Als überzeugter Europäer wünsche ich mir dringend, dass „Hilfsaktionen“ dieser Art einer profunden Prüfung unterzogen werden, damit zumindest den vermeintlich zu Helfenden nicht geschadet wird. Denn die bestehenden Charterfirmen und deren Investoren haben ihre Schiffe ohne Subvention angeschafft und haben diesen Anschaffungspreis über entsprechende Einnahmen zu amortisieren.  Subventionierte Yachten erscheinen nun am Markt mit der Hätte des Amortisationsbedarfs und drücken damit das gesamte (noch) zufriedenstellende Preis- und Ertragsniveau. Das Endergebnis wird bei einer künstlichen, nicht nachfragebestimmten Investition zu einem unnatürlichen Überangebot führen, zum Nachteil aller.

Die Ironie besteht im Übrigen darin, dass es bereits jetzt einen Engpass an Liegeplätzen in Griechenland gibt und über diese Aktion hauptsächlich Katamarans geordert werden, die per se den doppelten Liegeplatzbedarf haben. Ein Engpass, der im Übrigen bis jetzt auch sein Gutes hatte. Denn damit konnte zwangsweise ein Überangebot, wie wir es in Kroatien sehen, nicht erfolgen.

Angeblich sollten bereits 500 Yachten bestellt worden sein und 50 dieses Jahr und 200 nächstes Jahr ausgeliefert werden. (Das gesamte Programm sollte angeblich 1200 Yachten vorsehen.) Sollte dies zutreffen, ist zu erwarten, dass sowohl die Branche als auch die, Investoren empfindlichen Schaden erleiden. Die Branche, weil ein Überangebot die Preise drückt, worüber sich der Charterer nur kurzfristig freuen kann, denn auf kurz oder lang wirken sich Dumping-Preise auch auf den Instandhaltungszustand der Schiffe aus, wie wir das bei manchen Charterbetreibern bereits deutlich feststellen können. Und im Übrigen, sollte die Aktion Erfolg haben, werden natürlich die Liegeplatzgebühren entsprechend ansteigen, was sich natürlich letztlich wieder auf die Charterpreise auswirken muss.

Die Investoren werden feststellen, dass auch ein „günstig“ erworbenes Charterschiff jährliche Kosten verursacht. In der Praxis kann das Schiff sinnvollerweise nur über einen bestehenden, gut eingeführten Charterbetreiber vermarktet werden, denn nur der hat den entsprechenden Marktzugang und ist in der Lage das Schiff auch technisch entsprechend zu warten. Kosten die, die Einnahmen des Eigners stark relativieren. Ob und wieviel mit einer Investition in eine Charteryacht verdient werden kann, ist deshalb seriöser weise erst nach Ablauf der Investitionsperiode, also erst nach Verkauf des Schiffes und des dabei erzielten Restwertes möglich.

Es ist zu erwarten, dass nach der praktischen Erfahrung der in der Regel (noch) branchenfremden Investoren, es (mit Realisierung dieses Sachverhaltes) zu vorzeitigen Verkäufen kommt. Und die Letzten beißen die Hunde.

Wenn man dann im Kontrast dazu die Flüchtlingskinder im Schlamm der griechischen Flüchtlingslager sieht, wo offensichtlich dieses Geld fehlt, fällt es einem schwer nicht in heiligen Zorn zu verfallen…

Transparenz

Der Artikel stammt zur Gänze von Dr. Friedrich Schöchl von YACHT-POOL.

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Markus Silbergasser

Markus Silbergasser

Ich bin leidenschaftlicher Fahrtensegler, Blogger, freiberuflicher Yachtredakteur und Reisefotograf mit über 43.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser. Segle als Ausgleich und Quelle der Inspiration.
Details zu meiner maritimen Ausbildung und Reviererfahrung findet Ihr hier...

6 Comments

  1. 21. Februar 2020 at 11:17 — Antworten

    Hoffentlich liest das jemand in Brüssel!

  2. 21. Februar 2020 at 10:42 — Antworten

    Habe gerade den Yachtpool Artikel gelesen. Griechenland mit Katamaranen zu füllen ist tatsächlich eine blöde Idee. Die Häfen bersten schon jetzt. Regelmässig lag ich über Nacht am Fähranleger. Die Attrakttivität des Reviers wird abnehmen, die Preise fallen. Das wiederum zieht noch mehr Billigheimer Massen an. Party, Maturareisen etc. Die Reviere wo man noch Ruhe und Naturgenuss erleben kann werden weniger.

  3. 21. Februar 2020 at 09:53 — Antworten

    Hier in Brandenburg gab es nach der Wende auch Subventionen für Charteryachten. Deshalb findet man hier soviel teuren holländischen Werftbau, Yachten für mehrere 100.000 Euro. Und natürlich gab es viel Betrug. Einer kaufte Hochsee-Segelyachten, die natürlich nie in Brandenburg verchartert wurden. Bei geschenktem Geld hat man immer viel Mitnahmeeffekte, unsinnige Käufe und eben auch Betrug.

  4. Ralf Schnitzler
    21. Februar 2020 at 09:52 — Antworten

    Das ionische ist mittlerweile unerträglich voll geworden! Und um Athen sieht es auch nicht besser aus…
    Als Eigner am Wochenende in einem Hafen einen Platz zu bekommen ist nahezu unmöglich!

    • 21. Februar 2020 at 09:59 — Antworten

      Eine traurige Entwicklung – vor ein paar Jahren habe ich das Revier noch sehr entspannt erlebt…

  5. 21. Februar 2020 at 09:47 — Antworten

    Sehr treffend beschrieben. Subventionen sind da völlig überflüssig, sogar schädlich. Die 1200 neuen Yachten werden ja auf die typischen Reviere verteilt werden, die leicht per Flugzeug erreichbar sind. Da müßten jetzt neue Marinas gebaut werden. Gouvia auf Korfu ist jetzt schon voll, da bekommt man kaum noch einen Platz. Aber die Marinas verdienen mit Eignerschiffen viel mehr Geld, zumal die Charterfirmen ihre eigenen Mechaniker haben und die Wartung selbst machen. Im Ionischen Meer kann man nur noch außerhalb der Saison segeln, die Buchten sind im Sommer völlig überfüllt. Ein paar hundert zusätzliche Yachten wären eine Katastrophe.

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