Segeln Italien

Unter Segeln zu den Tremiti Inseln

Die Tremiti Inseln am Sporn des Stiefels gehören unserer Meinung nach zu den versteckten Juwelen an der italienischen Ostküste. Bis dato sind wir immer daran vorbei gesegelt. In diesem Segelsommer hatten wir aufgrund eines starken anhaltenden Südwinds Gelegenheit, uns die Tremiti Inseln einmal genauer anzusehen. Eine im deutschsprachigen Raum eher unbekannte aber durchaus sehenswerte Inselgruppe, die wir sofort ins Herz geschlossen hatten.
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Der Archipel der Tremiti Inseln ist ein kleines Juwel an der Adriaküste. Die Inseln gehören zur Provinz Foggia, die wiederum zur Region Apulien gehört. Der Archipel, der knapp 500 Einwohner zählt, besteht aus insgesamt fünf Inseln, wobei nur San Domino und San Nicola besiedelt sind. Auf Capraia existiert nur noch eine Ruine des Leuchtturms. Der gelb leuchtende Sandsteinfelsen Cretaccio bat uns guten Schutz gegen den Südwind. Die fünfte Insel ist der 12 sm nordöstlich gelegene Felsbrocken Pianosa, der bei stürmischer See oftmals von den hohen Wellen überspült wird. Der gesamte Archipel ist Bestandteil des Naturschutzparks Parco Nazionale del Gargano und steht seit 1989 unter Naturschutz, was auch einige Einschränkungen für uns Wassersportler mit sich bringt.

Wie der Name der Inselgruppe entstand ist bis heute umstritten, aber wahrscheinlich leitet er sich von den zahlreichen Erdbeben ab, die den Archipel entstehen ließen und ihm seine heutige Form gaben (Tremiti bedeutet im Italienischen „Erschütterungen“ oder „Beben“).

Ansteuerung der Tremiti Inseln

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Nur 35 sm von den Tremiti Inseln entfernt liegt Vieste, dessen historische Altstadt auf jeden Fall auch einen Stopp wert ist. Hier können übrigens auch die Bordvorräte gut aufgestockt werden, und die Liegeplatzgebühren in der gut gegen alle Winde geschützten und sicheren Marina sind unserer Meinung nach ihren Preis wert. Um die 45 EUR für Liegeplatz inkl. Strom und Wasser für eine 12 Meter lange Yacht ist gegenüber den 85 EUR von Venedig ein Schnäppchen. Vieste bietet sich somit als idealer Ausgangspunkt für einen Besuch der Tremiti Inseln an.

Sie können allerdings auch problemlos von kroatischer Seite her angelaufen werden. Wer mal Lust auf einen längeren, sportlichen Schlag hat, kann von Vis (ca 70sm), Trogir (ca. 90sm) oder Dubrovnik (ca 120sm) Richtung Tremiti übersetzen. Wird ein Boot in Kroatien gechartert, sollte man das Vorhaben aber unbedingt im Vorfeld mit dem Vercharterer abklären, damit der Abstecher nach Italien rechtlich und versicherungstechnisch gedeckt ist. Und: Ausklarieren in Kroatien nicht vergessen!

Wer’s ganz sportlich mag und einen Meilentörn samt mehrerer Nachtfahrten anpeilt oder sich in Ausbildung befindet und Erfahrung sammeln möchte, kann natürlich auch von Venedig los starten (ca. 240 sm).

Anlegemöglichkeiten im Tremiti Archipel

Auf den Tremiti Inseln gibt es leider keine Marina oder einen sicheren Schutzhafen, daher ist immer mit ein wenig Schwell zu rechnen. Der nächste von allen Seiten gut geschützte Hafen ist ca. 35 sm entfernt in Vieste zu finden.

An der Hauptinsel San Domino gibt es aber im Bereich des Sandstrands (Cala delle Arene) ein Bojenfeld. Bei südlichen Winden ist diese Bucht leider ungeschützt und daher nicht zu empfehlen. Während unseres Aufenthaltes wäre dort sogar ein Anlegen wegen des vorherrschenden Südsturms unmöglich gewesen…
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Ein paar weitere Bojen befinden sich nördlich der Insel Cretaccio, wo wir hier mit unserer SY NAMBAWAN zu sehen sind. Gut vom Scirocco geschützt liegt unsere SY NAMBAWAN an der Boje festgemacht im Norden des gelb schillernden Sandsteinfelsen der Insel Cretaccio.
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Wer lieber seinem eigenen Anker vertraut, kann ihn nördlich des Wellenbrechers vor der Insel San Domino fallen lassen.
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Abends ab ca. 19 Uhr, wenn sich die letzten Fähren Richtung Festland aufmachen, kann man auch die Fähranleger auf San Domino oder San Nicola mit Buganker und Heckleinen nutzen. Allerdings nur für Frühaufsteher zu empfehlen, da morgens gegen 8:00 bereits die ersten Fähren wieder festmachen wollen und man den Liegeplatz räumen muss.

San Domino Fähranleger

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San Nicola Fähranleger

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Ideale Reisezeit für die Tremiti Inseln

Die Inseln haben ein ausgeprägtes mediterranes Klima. Wegen der begrenzten Anlegemöglichkeit, empfiehlt sich aber nur ein Besuch in der Vor- oder Nachsaison, sprich Mai, Juni oder September und Oktober. Im Juli und speziell im August (Ferragosto) wird diese Region von den einheimischen Booten überflutet. Die vorherrschenden Winde in der Region kommen vorrangig aus Nordwest (Maestro) oder Südost (Scirocco).
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Versorgung / Verpflegung auf den Inseln

Trotz ihrer Abgeschiedenheit sind die Tremiti Inseln für die Versorgung ihrer Gäste gerüstet. Sowohl auf San Domino als auch auf San Nicola gibt es zahlreiche Restaurants und Cafés. Serviert werden auf den Tremiti Inseln großteils Meeresfrüchte und Fisch, in einigen Lokalen kommen auch Pizza- und Pastafans auf ihre Rechnung. Da Lebensmittel und Getränke vom Festland importiert werden müssen, haben die Inseln den Ruf ein sehr gehobenes Preisniveau zu haben. Wir waren allerdings bei unserem Besuch im Juni sehr positiv überrascht und fanden das Preis-/Leistungsverhältnis sehr in Ordnung. Zum Aperitiv an einer Bar am Ortsplatz wurden uns unaufgefordert und kostenfrei verschiedene kleine Leckerbissen aus der Region aufgewartet…
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Hier die Speisekarte vom Ristorante da Pio, wo wir vorzüglich gespeist hatten…

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Wissenswertes zu San Domino

Auf San Domino kommen auch gehfaule Segler in den Genuss der tremitischen Küche. Am Fähranleger und am daneben liegenden schönen Sandstrand befinden sich ein paar Restaurants, die für das Wohl der Besucher sorgen.

Sehr empfehlenswert ist allerdings der kurze Aufstieg in den Inselort. Über einen idyllischen von Schirmpinien gesäumten Fußweg erreicht man die Ortschaft im Zentrum der Insel, die von den Einheimischen schlicht „Paese“ (Dorf) genannt wird. Hier befindet sich die meiste Infrastruktur der Insel: eine kleine Inselkirche am Rand der Piazzetta, zahlreiche Cafés und Restaurants, sowie ein kleiner Supermarkt. Gut gegessen haben wir unter anderem im Da Pio, einem volkstümlichen Ristorante in einer Seitengasse der Piazza Belvedere im Inneren des Inselortes.
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Wissenswertes zu San Nicola

Auch auf San Nicola gibt es ein paar gute Restaurants direkt beim kleinen Fähranleger, also per Dinghy ohne Fußweg direkt zu erreichen, sowie ein paar Snackbars und Cafés oben bei der Festung. Da es auf der Insel nur beschränkte Übernachtungsmöglichkeiten gibt, werden hier großteils nur Tagesgäste versorgt, weshalb die Lokalitäten abends oftmals nicht geöffnet sind.
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Tremiti Inseln

Sehenswertes / Must see bei einem Besuch der Tremiti Inseln

Wenn es die Zeit erlaubt, sollte man unbedingt die gut erhaltene Festung und das Kloster auf der Insel San Nicola besichtigen. Dass alle historischen Bauten kostenfrei zu besichtigen sind und somit die Bordkasse schonen, soll zusätzlich motivieren. Hier ein paar Impressionen…
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Alleine für den Ausblick von oben ins tiefblaue bis smaragdgrüne Wasser der umliegenden Inseln lohnt sich der Aufstieg. Sportlichen Crews empfehlen wir die Wanderung bis zum Nordostende der Insel, wo man bei einem Helikopterlandeplatz und Friedhof vorbei kommt.
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Geschichtliches zum Tremiti Archipel

Bereits in der Antike waren die Inseln seit dem 4. Jahrhundert vor Christus bewohnt und wurden seit jeher als Ort der Verbannung benutzt. Im Römischen Reich verbannte z.B. Kaiser Augustus seine Enkeltochter Julia die Jüngere unter dem Vorwand der Sittenlosigkeit auf die Tremiti Inseln, wo sie nach 20 Jahren Zwangsaufenthalt verstarb.

Im frühen 11. Jahrhundert siedelten sich Benediktinermönche ursprünglich auf San Domino an und verlagerten ihr Kloster später nach San Nicola, wo sie vor allem durch Schenkungen beträchtlichen Wohlstand erlangten und in den Besitz von zahlreichen Ländereien auch am Festland bis nach Trani hinunter gelangten. Piratenangriffe zwangen die Mönche eine Festung zu errichten. 1334 jedoch wurden sie von dalmatinischen Piraten erobert und geplündert. Bei diesem Angriff wurden alle Mönche umgebracht, und der Abtei drohte der Verfall.

Das Kloster wurde im 15. Jahrhundert erneut besiedelt und mit weiteren Festungsanlagen versehen und konnte so den Angriff einer 150 Schiff starken Flotte der Osmanen abwehren.

1783 wurde das Kloster von König Ferdinand IV. von Neapel aufgehoben. Noch im selben Jahr wurde auf den Inseln eine Strafkolonie eingerichtet, eine Funktion, die sie über lange Zeit behalten sollten.

1911 wurden von der italienischen Regierung ca. 1300 Libyer, die gegen die Besetzung Libyens Widerstand geleistet hatten, auf die Tremiti Inseln deportiert, was in den 80er Jahren Muammar al-Gaddafi zum Anlass nahm, die Inseln als Bestandteil libyschen Territoriums zu reklamieren. Dadurch gerieten die angeschlagenen diplomatischen Beziehungen zwischen Italien und Libyen noch stärker ins Schwanken. Unter Mussolini blieben die Inseln Verbannungsort für Hunderte politische Gefangene. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurden die Inseln allmählich touristisch erschlossen.

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Markus Silbergasser

Markus Silbergasser

Ich bin leidenschaftlicher Fahrtensegler, Blogger, freiberuflicher Yachtredakteur und Reisefotograf mit über 47.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser. Segle als Ausgleich und Quelle der Inspiration.
Details zu meiner maritimen Ausbildung und Reviererfahrung findet Ihr hier...

7 Comments

  1. Mike
    20. März 2021 at 15:37 — Antworten

    Eigentlich sollte auf den kleinen Inseln im Mittelmeer überhaupt kein Tourismus stattfinden. Das Trinkwasser ist knapp und es gibt kaum Abwasserkläranlagen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann das umgebende Meer völlig verschmutzt sein wird.

  2. Albrecht Seer
    1. Juli 2019 at 10:10 — Antworten

    Bei unserem Besuch auf den Tremiti Inseln waren wir dank der Informationen aus diesem Blog bestens vorinformiert! Von BISEVO kommend, waren vom 6.-9.Juni 2019 dort und haben die drei Tage wirklich genossen! Folgende aktuelle Informationen als Ergänzung: die von Markus erwähnten Bojen nördlich von CRETACCIO, die bei S-Wind guten Schutz bieten, waren bei unserem Besuch nicht (mehr) vorhanden. Der Ankergrund zwischen CRETACCIO und PUNTA DIAMANT auf SAN DOMINO ist überwiegend deutlich tiefer als 13 m, daher nur mit sehr langer Kette brauchbar. In der durch 4 gelbe Marker-Bojen gekennzeichneten Durchfahrt zwischen CRETACCIO und SAN NICOLA beträgt die Wassertiefe mindestens 3 – 3,5 m und ist unmittelbar unterhalb der Stromleitung (mit 20 m Durchfahrtshöhe!) eher schmal. Obwohl hier eigentlich gute Ankermöglichkeiten vorhanden wären, engen – neben den dort liegenden großen Taxibooten – die zahlreichen Moorings und Bojen, die zum größten Teil verwahrlost und defekt sind, viele davon bereits auch unter (!) Wasser und erst aus unmittelbarer Nähe erkennbar, die Möglichkeiten, mit einem vernünftigen Schwojkreis zu ankern, sehr stark ein! Wir haben außerdem eine unliebsame Erfahrung mit einer am Grund in ca. 7 – 8 m WT liegenden schweren Kette ziemlich genau unterhalb der Stromleitung gemacht. Der hilfsbereite Taucher ( ein lokaler Fischer, dessen Boot an der Mole in San Domino liegt) war vor Ort zum Glück rasch unter 0039 – 392 0817206 erreichbar! Die lokale Tauchbasis TREMITI DIVING CENTER ist nur wenige Meter von der Mole von SAN DOMINO entfernt und bietet unkompliziert und preiswert die Möglichkeit zum Befüllen von Tauchflaschen.

  3. 9. November 2018 at 14:03 — Antworten

    Wir waren heuer im Oktober auf den Tremiti Inseln und waren überwältigt. Dieser Blog Artikel beschreibt die Situation perfekt; lediglich die beschriebenen Bojen nördlich von Cretaccio fanden wir nicht vor, dafür fanden wir südlich (in und neben der Durchfahrt zu I.S.Nicola Bojen, wo wir ebenfalls Schutz vor dem Scirocco fanden (Strömung). Anzumerken ist, dass außer uns nur ein einziges anderes Segelboot in der Inselgruppe war

    • 9. November 2018 at 15:37 — Antworten

      Hallo Gerald,
      freut mich, dass Euch die Tremiti Inseln auch so gut gefallen haben wie uns damals. Auch bei unserem Besuch im Juni damals waren nur ganz wenige andere Boote hier unterwegs.

      Weiterhin fair Winds,
      freue mich, wenn wir uns mal wo persönlich Treffen!

      Markus

  4. Claudia
    22. September 2016 at 11:07 — Antworten

    Ich gestehe – vor diesem Törn hatte ich von den Tremiti-Inseln noch nie etwas gehört. Kann nur jedem empfehlen, sich diese Insel-Gruppe einmal anzusehen!
    Sehr schön fand ich die Erkundung der Festung auf San Nicola. Dort könnte man sich stundenlang aufhalten und würde immer wieder neue Details entdecken. Aber auch San Domino hat schöne Plätze zu bieten, wie die Fotos in diesem Törnbericht ja eindeutig beweisen. Die Bar, in der wir den Aperitif genommen haben, war der Hit und ich durfte sogar ein ganzes Bier trinken 😉

    Die Tremiti-Inseln sind wahrlich ein Juwel, wie so treffend von Markus in diesem Blogpost beschrieben.

    • 22. September 2016 at 11:40 — Antworten

      Hey danke Claudia für deinen netten Kommentar zu dem Reviertipp!

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